Integration in Wiehl

(30. September 2015) Bereits im ersten Demografiebericht im April 2012 wurde unter dem Leitbild „Wiehl in der demografischen Balance“ darauf hingewiesen, dass wir auch in Wiehl weniger, älter und auch bunter werden würden.
Auch aus dem 2. Demografiebericht vom Dezember 2013 und weiteren Folgeberechnungen konnte entnommen werden, dass die Bevölkerungszahlen der Stadt Wiehl rückläufig sind und die Menschen in Wiehl älter werden. Aber wie wurde das „Bunter“ mit Zahlen und Daten belegt? Nun, beide Berichte enthielten lediglich den Ausländeranteil in Prozent. Heute beträgt er rd. 5,4 % in Bezug auf eine Bevölkerungszahl von 26.298 (Stand: 15.09.2015). Für die Bundesrepublik Deutschland wird ein Ausländeranteil von rd. 9 % genannt und für das Bundesland NRW 9,9 %. Wiehl liegt also mit ihrem Anteil weiter unter den beiden anderen Werten.

Was macht also das „Bunter“ aus? Hier muss man die Flüchtlinge mit betrachten. Beide Zahlenanteile führen dazu, dass wir auch in Wiehl nicht nur über die Flüchtlingssituation nachdenken müssen, sondern auch über die Art und Weise, wie wir diese Menschen in unsere Stadtgemeinschaft aufnehmen. Die 1.421 Ausländer, die bereits in Wiehl leben, fallen kaum auf und sind in den meisten Fällen bereits vollkommen integriert. In der zurzeit herrschenden Flüchtlingssituation erhält aber das Wort „Integration“ eine neue Bedeutung, obwohl zu der Anzahl der vorhandenen Ausländer „nur“ noch weitere 262 Menschen (Stand 29.09.2015), die Asyl suchen, hinzukommen. Rechnerisch würde die Quote auf rd. 6,4 % ansteigen, aber so einfach ist es eben nicht.

Diese 262 Menschen haben teilweise ein Martyrium hinter sich, was jenseits unserer Vorstellungskraft liegt. Sie haben zunächst alle einen Wunsch: In Freiheit leben! Alles andere ist zunächst zweitrangig, obwohl manches andere ebenso nachvollziehbar und verständlich ist. Ein Dach über dem Kopf, eine Arbeitsstelle und auch ein Auskommen für die Familie. Es gibt aber immer wieder, und scheinbar auch in Wiehl, Menschen, die vergessen haben oder nicht wahrhaben wollen, wie es bei uns einmal gewesen ist. Viele mussten auswandern, um in Freiheit leben zu können; viele haben geschufftet, um sich ein Heim zu schaffen, und dennoch: Wir haben Gastarbeiter seit 1955 aus Italien, Spanien, Portugal, Tunesien und Jugoslawien willkommen geheißen - bis heute geschieht das! Von 1950 bis 1999 haben wir nach Angaben des Bundesverwaltungsamtes in der Bundesrepublik Deutschland rd. 4,0 Mio. Aussiedlerinnen und Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, Polen und Rumänien aufgenommen. Müssen wir nun anders handeln?

Im Zusammenhang mit den demografischen Folgen, die mit Zahlen einfach und klar belegt werden können, brauchen wir auch heute wieder Einwanderer. Demografisch betrachtet: Je mehr desto besser! Die Beantwortung der Frage nach „Wie viele Ausländer verträgt das Land?“ ist von uns allen abhängig. Wir müssen „Integrieren“ lernen und hierbei Vorurteile abbauen und Unwahrheiten richtig stellen. Wir leben in einer christlichen Gemeinschaft, deshalb sollten wir jeden Fremden als Mensch annehmen und ihn in unsere Gemeinschaft aufnehmen.

Nur mit einem herzlichen Willkommen ist es aber nicht getan! Wir müssen den Neuankömmlingen und ggf. späteren Wiehler Bürgern auch helfen, unsere Umwelt, unseren Rechtsstaat, zu verstehen. Hierzu dienen zwar auch Deutschstunden, doch sollte jeder Flüchtling auch eine Übersetzung der Bibel, des Grundgesetzes der Bundesrepublik-Deutschland und des Wiehler Ortsrechts mit ausgewählten Wiehler Rechtsverordnungen erhalten. Verständlich ist daher, dass Integration nicht nur Fördern sein kann, sondern auch Fordern beinhaltet.

Warum Brandanschläge oder Wortschmierereien? Das ist dumm und menschenverachtend! Vor was haben Menschen, die so etwas tun, Angst? Die Kriminalität bei den Ausländern ist nicht höher als bei uns Deutschen, das haben Untersuchungen ergeben. Sie ist in erster Linie von Bildung und dem sozialen Umfeld abhängig. Jeder 10. Ausländer besitzt einen akademischen Grad und jeder 3. eine gute Schulbildung. Die Neuankömmlinge nehmen auch keinem den Arbeitsplatz fort. Wenn sie das Asylverfahren bei den „Entscheidern“ bestanden haben, sollten wir froh sein, wenn ein Teil der Neuankömmlinge in Wiehl bleibt und hier eine Arbeitsstelle finden, denn uns fehlen Arbeitsplätze in vielen Bereichen!

Die Verwaltung hat keinen Einfluss auf die zugewiesenen Personen. Sie muss sich in erster Linie darüber Gedanken machen, wie und wo die Flüchtlinge ein festes Dach über dem Kopf erhalten können. Dass das nicht einfach ist, kann sich jeder vorstellen. Je kleiner eine Kommune ist, desto größer sind die Raumprobleme. Doch das Thema der Integration hat primär nichts mit Aufnahmekapazitäten zu tun. Wir wissen alle, dass eine noch so finanzstarke Kommune bei anhaltendem Flüchtlingsstrom an ihre Grenzen stößt; wir wissen ebenso, dass die Politik auch noch andere gesellschaftliche, rechtliche und finanztechnische Themen beraten muss, aber wir dürfen keinen Menschen zurückweisen, wenn er vor unserer Haustüre steht. Helfen auch Sie mit und unterstützen Sie die vielen Wiehler Ehrenamtlern, denen wir alle großen Dank und Wertschätzung schulden, alle Einwanderer herzlich und mit Respekt zu empfangen. Wiehl IST bunt - jetzt erst recht!

Die Demografiestelle der Stadt Wiehl kann weiterhin mit Zahlen informieren und darüber berichten, wie es um die jeweilige Flüchtlingssituation bestellt ist. Hierzu sind sicherlich Gespräche erforderlich, wie der demografische Wandel, zu dem auch das Thema „Flüchtlinge“ gehört, in Zukunft gestaltet werden kann. Ob sich ändernde Schüler- und Lehrerzahlen, ob Zunahme oder Abnahme der Wiehler Bevölkerung, alles muss neu überdacht und entschieden werden. Hierzu kann die Demografiestelle Grundlagenmaterial und Erfahrungsberichte liefern, die für Diskussionen und Entscheidungen in den verschiedensten Gremien erforderlich sind. (dr)